Ein Klassiker der jiddischen Literatur

Neben Mendele Moicher Sforim und Scholem Alejchem gehörte Jizchok Leib Perez (andere Schreibweisen: I.L. Perez, Jizchak Leib Perez, Isaak Leib Perez, Jizchok Lejb Perez, Itzhok Lejb Perez, Isaak Leib Peretz, Icchok Lejbusz Perec) zu den wichtigsten Schriftstellern der klassischen Zeit der jiddischen Literatur.

Jizchok Leib Perez wurde am 18. Mai 1851 in der polnischen Stadt Zamość (Samosch) geboren und wuchs im traditionellen jüdisch-orthodoxen Milieu auf. 1877 begann er in Zamość eine erfolgreiche Karriere als Rechtsanwalt. Er war früh politisch aktiv, weswegen ihm 1887 von den russischen Behörden die Zulassung als Anwalt wieder entzogen wurde. Er siedelte anschließend nach Warschau über, wo er in der Verwaltung der jüdischen Gemeinde tätig war und wo auch sein erstes jiddisches Werk erschien, nämlich die Ballade „Monisch“. Zu dieser Zeit hatte er bereits eine gewisse Bekanntheit durch seine hebräischen Gedichte erlangt. Perez war Gründer der Gruppe „Hasomir“ (Nachtigal), die ein kultureller Sammelpunkt des jüdischen Warschaus vor dem Ersten Weltkrieg wurde. Berühmtheit erlangte Perez hauptsächlich durch seine Kurzgeschichten in jiddischer Sprache, bei denen er oft auf Themen der chassidischen und volkstümlichen Erzählungen zurückgriff.

Jizchok Leib Perez starb am 3. April 1915.

Mittwoch, 29. März 2017

Wenn nicht noch höher ...

Jizchok Leib Perez lebte in einer Umgebung, die im Großen und Ganzen von drei geistigen Strömungen geprägt war. Auf einer Seite standen die Anhänger des Chassidismus, einer gefühlsbetonten, enthusiastischen Form der religiösen Praxis. Eine besondere Rolle im Chassidismus spielten die Zaddikim (Gerechten), die umgangssprachlich "Rebbe" genannt wurden. Die Rolle eines Rebbe bestand darin, seinen Anhängern, den Chassidim (Frommen), Rat in allen Lebensfragen und besondere Einsichten bezüglich der Tora zu geben. Manchmal wurden von ihm auch Wunder erwartet. Der Rebbe war für die Chassidim sozusagen die Verbindung zwischen Himmel und Erde.

Daneben gab es noch diejenigen, die der traditionellen jüdischen Glaubensweise folgten. Viele von ihnen waren Gegner des Chassidismus (Misnagdim), vor allem, wenn die chassidischen Praktiken den überlieferten Bräuchen und den traditionellen Formen der Erfüllung der Gebote zuwiderliefen.

Als dritte Strömung hatte vor allem in den Städten die Modernisierung Einzug gehalten. Geistige Vorreiterin dafür war die jüdische Aufklärung (Haskala), zu deren Vertretern auch Perez gezählt werden kann. Perez war jedoch kein erbitterter Gegner der tradtionellen oder chassidischen Lebensweisen. Die meisten seiner Erzählungen spielen im streng religiösen Milieu, dem er selbst entstammte. Er wurde deshalb als "freundlicher Misnaged" bezeichnet, also als jemand, der zwar die tief religiöse Weltsicht nicht teilte, aber den Gläubigen durchaus wohlwollend gegenüber stand.

Zur chassidischen Kultur gehörte es, sich Geschichten von den wundersamen Taten der Rebbes zu erzählen. Solche Geschichten wurden später einem größeren Publikum vor allem durch Martin Bubers "Erzählungen der Chassidim" bekannt. Perez verfasste ebenfalls chassidische Geschichten. Aber er schrieb sie nicht mit der Absicht, die Wundertätigkeit eines Rebbe hervorzuheben, sondern mit ganz weltlichen Aussagen.

Zu den bekanntesten seiner chassidischen Geschichten gehört die Erzählung "Wenn nicht noch höher". Sie handelt von dem Nemirower Rebbe, der während der Sliches-Zeit, der Zeit vor dem Neujahrsfest, jeden Morgen zu verschwinden pflegt. Seine Anhänger erzählen sich, dass er zum Himmel hinauffährt, um dort für die Vergebung der Sünden seiner Chassidim zu bitten. Eines Tages kommt ein Litwak (ein Litauer), ein skeptischer Misnaged, in die Stadt. Sobald er vom täglichen Verschwinden des Rebbe hört, möchte er herausfinden, was wirklich vor sich geht. Er findet tatsächlich des Rätsels Lösung. Der Rebbe steigt nicht wirklich jeden Tag in den Himmel, sondern vielleicht sogar noch höher ...

Eine neue Übersetzung der Geschichte erschien im Kindle-Format bei Amazon. Um das Verständnis der Geschichte zu erleichtern, werden im Anhang des kleinen E-Books Begriffe und Ausdrücke erklärt.

Donnerstag, 19. Januar 2017

Kabbalisten

Das Leben der osteuropäischen Juden vor hundert Jahren war geprägt von religiösen Vorstellungen und Praktiken, was sich auch in vielen Geschichten von Jizchok Leib Perez widerspiegelt. Auch wenn es oberflächlich manchmal den Anschein hat, lag es Perez jedoch fern, das Bild einer idyllischen heilen Welt zu malen. Hinter der "frommen Fassade", wie es der Literaturwissenschaftler David G. Roskies nannte, zeigte er die Konsequenzen einer übertriebenen Religiosität auf, zu denen Armut, Zwietracht und manchmal auch Tod gehörten.

Die Kurzgeschichte "Kabbalisten" (Originaltitel: Mekubolim) handelt von Reb Jekl, dem Leiter einer Talmud-Schule in einem verarmten polnischen Städtchen, und seinem letzten Schüler, Lemech. Beide tragen aus Armut alte Kleidungsstücke und sind das Hungern gewöhnt. Aber der Hunger macht Lust auf Kabbala, auf die Lehren der Mystik, was nicht ohne Folgen bleibt.

Die Geschichte ist im Kindle-Format bei Amazon erhältlich. Es handelt sich dabei um eine neue Übersetzung aus dem Jiddischen, die sich so weit wie möglich an das Original hält. Ein Anhang bietet Anmerkungen zu Begriffen und Textstellen.

Mittwoch, 21. Dezember 2016

Ein hamonisches Heim

Die Erzählung, die bereits unter dem Titel "Eheglück" von Mathias Acher und mit der Überschrift "Der Lastträger" von Siegfried Schmitz ins Deutsche übersetzt wurde, gehört zu den bekanntesten Geschichten von Jizchok Leib Perez. Der ursprüngliche Titel lautet "Scholem Bajis", was wortwörtlich "Hausfriede" bedeutet.

Die Geschichte handelt von Chajim und seiner Frau Chane. Chajim ist ein Lastträger, der kaum genug Geld verdient, um seine Familie versorgen zu können. Obwohl es an allem fehlt, führen die beiden mit ihren Kindern ein glückliches Familienleben.

Die Geschichte erschien 2014 in einer neuen Übersetzung mit dem Titel "Scholem Bajis – Ein harmonisches Heim" bei Amazon im Kindle-Format und im Epub-Format bei anderen Anbietern von E-Books. Ein ausführlicher Anhang bietet Erklärungen verschiedener Begriffe und Ausdrücke.